Von 9.-11. Juni fand auf dem wunderbar renovierten Schloss Coburg zu Ebenthal im Weinviertel auf Einladung des Besitzers, Herrn Prim. Prof. Dr. Paul Drobec nach vier Jahren der zweite Kongreß zu diesem Thema statt. Die Veranstalter waren der Österreichische Ärztekunstverein (ÄKV), die Österreichische Gesellschaft für Kunst und Medizin (ÖGKM) und das VETART-Kunstforum. Neben Vorträgen, Lesung, Workshop und Round Table fand ein Konzert der „Camerata medica“ und eine Ausstellung samt Vernissage statt, die vom besonderen Ambiente des Schlosses geprägt war und wo eine Vielzahl von Malereien, Bakteriographien, Fotographien, Digigraphien, Skulpturen, Zeichnungen und Objekte gezeigt wurden. Dabei beteiligten sich auch eine Reihe von Mitgliedern des VETART-Kunstforums: Irmgard Falkinger-Reiter, Gertrud Keck, Hannes Meissel, Erich Schopf und Peter Wagner.
Die Kongreßbeiträge fokussierten medizinisch-wissenschaftliche Zugänge zur Kunst wie auch differen-zierte Sichtweisen zu deren heutiger Bedeutung. Erich Schopf eröffnete die Tagung mit seinem Vortrag zur Bakteriographie und Bakterioästhetik, wo er auf die grundsätzliche Arbeitsweise und auf die Symbiose von Kunst und Wissenschaft einging. Karl Bauer stellte die Entstehung und das Selbstver-ständnis des VETART-Kunstforums dar und zeigte anhand von Werken eine aktuelle Themenvielfalt, die in den bisherigen Ausstellungen und Veranstaltungen bearbeitet wurde. Barbara Laimböck gab Einblick über die künstlerischen Wahrnehmungen bei posttraumatischen Belastungs-störungen, die in einem wieder-kehrenden „flashback“ wahrgenommen werden und wo die sprachliche Ausdrucksweise fehlt. Anna Sacher-Santana arbeitet als Therapeutin mit Kindern und Jugendlichen. Sie reflektiert den emotionalen Zustand der Kinder und gestaltet daraus spezifische Bronzeskulpturen, die diesen Zustand künstlerisch direkt sichtbar machen können. Dabei wird der Gefühlszustand von einem passiven in einen aktiven übergeführt und die Probleme in die Figuren externalisiert. Irmgard Falkinger-Reiter gab einen Einblick in die kunstgeschichtlichen Darstellungen des Rindes vom ägyptischen Veterinärpapyrus bis in die heutige Zeit von Bansky, Hirst und bei Nitsch. Gertrud Keck beleuchtete mit ihren Streiflichtern die Entwicklung physikalischer Techniken in der Medizin an den Beispielen Ultraschall, UV-Strahlung und Radioaktivität, die sie in der Lehre immer wieder mit Werken aus der Kunstgeschichte erklärte. Ihre Forschungen zur Neuroästhetik belegte sie mit Studien von Eric Kandel und Semir Zeki. Malende Tiere (Affen, Schweine, Elefanten, …) betrachtet sie aus dem Blickwinkel der Beschäftigungstherapie, die nicht zum Geschäft gemacht werden sollten. Hausherr Paul Drobec suchte nach Quellen, wo sich medizinische Bezüge in der bildenden Kunst erkennen lassen und fand diese in der klassischen Anatomie, Chirurgie, Geburtshilfe, Uroskopie bis hin zur Zahnmedizin, die Katalin Rath im Besonderen ausführte. Heber Ferraz-Leite erforschte schmerzhafte Darstellungen anhand der Sammlung des Kunsthistorischen Museums Wien und dessen Rolle als „Schmerzmuseum“. Erich Kreutzer beschrieb die Zugänge zur Heilkunst in Polynesien und betonte die gesamtheitliche Sichtweise sowie die persönliche Verantwortung für die Gesundheit im Kontext von alten Erinnerungen und Inspirationen für zukünftiges Handeln. Heinz Derka beschrieb anhand von Werken berühmter Maler der Vergangenheit diverse Fälle von Augenkrankheiten, Trauma- und Alzheimerpatienten, die deren eigenwillige Darstellungsmethoden erklären könnten und zT. auch Stilrichtungen begründeten (Monet, El Greco, Degas, O´Keefe,…). Anschließend wurde von Helga Bachofner ein Workshop zur Kunsttherapie durchgeführt und die Wiener Schule der Kunsttherapie („Phronetische Kunsttherapie“) vorgestellt, die im Österreichischen Fachverband für Kunst- und Gestaltungsthera-peutInnen (ÖFGK) organisiert ist. Irmgard-Maria Starke erläuterte den Hintergrund mit Beispielen aus der therapeutischen Praxis, wo Schwerpunkte wie Gestaltung, Interpretation, Symboli-sierung, Achtsamkeit, Wandel und Lösen, va. bei psychotischen Patienten stufenweise unterschiedlich begleitet werden. Die künstlerische Ausdrucksweise kann nicht nur gedacht werden, sondern muss praktisch durchgeführt werden, wodurch sich Probleme erst sichtbar manifestieren.
Zusammenfassend ist es hiermit erstmals gelungen, die medizinischen Kunstvereine zu vernetzen und ihre Inhalte wissenschaftlich auszutauschen. Die Einbindung in den Praxisalltag kann gelingen und aus dieser Perspektive sinn- und wertvoll sein, wenn sich daraus zusätzliches Wissen oder eine besondere Werte-haltung generieren lässt und sich der Bezug zu den Tieren nicht nur aus medizinischen Gründen ergibt. Der Dialog zu diesem Themenkomplex sollte aus diesen Gründen fortgesetzt werden und zum Wohle der tierischen Patienten bzw. deren Besitzern in Lehre und Forschung seine Fortsetzung finden.
Ein besonderer Dank gilt auch Gertrud Keck für die Pflege der Verbindung zum Ärztekunstverein und für die Mitorganisation dieses Kongresses.
KB
Fotos:VETART
Weiterführende Informationen:
ÄKV: http://www.aerztekunstverein.at/
ÖGKM: https://www.oegkm.net/
Kunsttherapie: www.kunsttherapie-schule.at